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Klassische Musik

In plaid fa la musica

Unsere Zuhörer sind oft überrascht und fragen sich, wie ein bekanntes Orches­terwerk plötzlich zum Chorwerk werden kann. Wie es möglich ist, dass man zum Beispiel Mozarts Klaviersonate «Alla Turca» oder ein Ballett von Ponchielli mit Gesang und Worten ausdrücken kann. Seit jeher bereichern solche Bearbeitungen unser Repertoire. Darum möchte ich erklären, wie solche Um­schreibungen zu Stande kommen. 


Der grosse Komponist und Pianist Franz Liszt (1811–1886) nannte seine Art von Be- arbeitungen «Transkriptionen». Er führte diese Bezeichnung – insbesondere für Klavierübertragungen von Schubert-Liedern – ein. Es handelte sich wie er sagte um eine «minder strenge Bearbeitung mit einer freien Fantasie». Als virtuoser Pianist widmete er diese Transkriptionen vorwiegend dem Klavier und war somit nicht an einen Text gebunden.


Für mich ist es die schwierigste Aufgabe, für die gewünschte Melodie einen passenden Text zu finden. Seit meiner Jugend sehe ich Bilder und Geschichten, wenn ich Instrumentalmusik höre. Solche Fantasien inspirieren mich in meinem Schaffen als Bearbeiter und so begebe ich mich auf die Suche nach Worten, die diese Bilder darstellen können. Wenn ich Glück habe, finde ich ein altes italienisches Gedicht oder ich greife selbst zur Feder, bis Text und Musik ineinander verschmelzen.


Auch dieses Jahr habe ich wieder einige Instrumentalwerke für Gesang umgeschrieben. Dabei hat mich das Klarinettenkonzert von W. A. Mozart am meisten beschäftigt. Vor allem die Hauptthemen liessen mir keine Ruhe. Bis ich den Mut fasste, eine Chorkantate unter dem Titel «Nina, per te vo cantar» daraus zu machen.


Nun galt es, für diese unsterblichen Me- lodien einen Text zu schreiben, welcher dem Charakter des Werkes entspricht. Wie so oft bei Mozart dominiert auch hier die Fröhlichkeit. Im ersten Satz spüre ich das Bestreben des Komponisten, seine Zuhörer zu erfreuen, damit sie die täglichen Sorgen vergessen. So kam in mir die Idee auf, die traurige junge Frau Nina mit einem fröhlichen Gesang aufzuheitern. Da ist aber noch der langsame zweite Satz: Diese schwermütige Melodie erklingt in meinen Ohren in einer Vollmondnacht und scheint das Leiden Ninas zusätzlich zu erschweren. Mit dem dritten Satz beginnt ein neuer Tag und erlöst Ninas Leiden, indem sie die Aufforderung zum Tanzfest mit grösster Freude entgegen nimmt.


Die Transkription des Klarinettenkonzertes zu einer Chorkantate ist geglückt. Klavier- und Chorsatz bilden eine wohlklingende Einheit. Nun beginnen die Proben und wie so oft erfolgen danach die notwendigen Korrekturen, bis Stil und Form des Komponisten deutlich zu erkennen sind. Et voilà – la cantata è pronta!

Armin Caduff

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